Einmal schwerelos und zurück

Gagarine
FR 2020 | 98 MIN | fr.

Regie: Fanny Liatard, Jérémy Trouilh

Drehbuch: Benjamin Charbit, Fanny Liatard, Jérémy Trouilh

Kamera: Victor Seguin

Schnitt: Daniel Darmon

Ton: Dana Farzanehpour, Margot Testemale

Darsteller:innen: Alséni Bathily, Lyna Khoudri, Jamil McCraven, Finnegan Oldfield, Farida Rahouadj, Denis Lavant

Zwischen Plattenbau und Orbit: Die Geschichte um einen jungen Raumfahrtfan aus der Banlieue ist eine Expedition in die Einbildungskraft – poetisch, verspielt und voller skurriler Momente. Der 16-jährige Yuri hat sein gesamtes Leben in der Cité Gagarine verbracht, einem Hochhauskomplex aus den 1960ern im Randbezirk von Paris. Wie der Namensgeber der Sozialsiedlung träumt Yuri davon, eines Tages ins All abzuheben und der Tristesse zu entfliehen. Doch als Pläne bekannt werden das Viertel abzureißen, schließt er sich dem Widerstand an. Gemeinsam mit seinem Freund Houssam und seiner Nachbarin Diana macht er sich daran, Gagarine zu retten – und verwandelt seine Wohnung in eine Raumstation.

 

Die eigentlich fiktive Geschichte von Yuri siedelten sie um einen echten Wohnkomplex am Stadtrand von Paris und die tatsächlich mit diesem in Verbindung stehenden Ereignisse an. Die Cité Gagarine mit ihren 374 Wohneinheiten galt als ein Wahrzeichen des sozialen Wohnungsbaus und wurde ab 1961 errichtet, um den großen Bedarf an bezahlbarem Wohnraum, insbesondere für Arbeiter, zu decken, aber auch um den entstehenden Mikro-Slums entgegenzuwirken. Die Cité Gagarine war in den 1960er Jahren der Inbegriff einer erfolgreichen Politik der Parti communiste français.

 

Ab den 1980er Jahren wurden Baumängel bekannt, z.B. schlechte  Lärm- und Wärmeisolierung und ein Problem mit Asbest, aber auch soziale Probleme wie eine zunehmende Kriminalität im Viertel und der Drogenhandel. Also wollte niemand, der auf der Suche nach einer Sozialwohnung war, dort leben  - so Romain Marchand, stellvertretender Bürgermeister für Stadtplanung der Stadt Ivry-sur-Seine. Nachdem die Pläne für einen Neubau beschlossen wurden, die Cité Gagarine nach ihrer Leerung zu einer Geisterstadt verkommen und zum Abschluss noch einmal für ein Kunstprojekt genutzt worden war, wurde im August 2019 mit dem Rückbau begonnen. Die Stadt zog die Dekonstruktion dem Abriss vor, um die Wiederverwendung möglichst vieler Materialien zu ermöglichen.

 

An gleicher Stelle wurde mit dem Bau eines neuen Stadtteils namens Agrocité begonnen, der über 1.400 Wohneinheiten verfügen soll, davon 30 Prozent Sozialwohnungen, aber auch Geschäfte, ein Kindergarten und eine Schule, eine Turnhalle und Flächen zur städtischen Landwirtschaft.

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